Jan Ludwig Antoni
Wissenschaftlicher Mitarbeiter
Point Alpha Stiftung
Schlossplatz 4 | 36419 Geisa

Teilnehmer von MUSEALOG 2017 | 2018
Ostfriesisches Landesmuseum Emden
Brückstraße 1 | 26725 Emden
Von MUSEALOG zur „Grenze der Freiheit“
Doch wo ist „hier“? „Hier“ ist im ehemaligen Sperrgebiet der Deutschen Demokratischen Republik. „Hier“ ist am heißesten Punkt des Kalten Krieges, im „Fulda Gap“, der Region, in welcher die Militärstrategen der Warschauer Vertragsorganisationen und der North Atlantic Treaty Organization die ersten Kämpfe des dritten Weltkrieges verorteten. „Hier“ ist im kleinen Geisa, dort sitzt die Point Alpha Stiftung. Sie trägt die Begegnungs-, Mahn- und Gedenkstätte Point Alpha unmittelbar an der heutigen hessisch-thüringischen Grenze. Die Gedenkstätte umfasst neben dem historischen Ort des ehemaligen „Observation Post Alpha“ (OP Alpha) das 2003 errichtete „Haus auf der Grenze“ sowie rekonstruierte Grenzsperranlagen des DDR-Grenzregimes.
Meinem Masterstudium in Geschichte ging ein fächerübergreifender Bachelor in Geschichte und Politikwissenschaften voraus. In beiden Abschlussarbeiten beschäftigte ich mich mit dem Thema Erinnerungskultur rund um den Ersten Weltkrieg. Wie viele andere Absolvent*innen hatte ich nach meinem Abschluss, 2016 an der Leibniz Universität in Hannover, Schwierigkeiten, in der Berufswelt Fuß zu fassen. Nach unzähligen Bewerbungen und einigen Bewerbungsgesprächen hatte sich erst einmal nichts geändert. Zu meinem Glück konnte ich dann von September 2017 bis Juni 2018 am MUSEALOG-Kurs teilnehmen. In dieser Zeit war ich einer von drei MUSEALOGen im Ostfriesischen Landesmuseum Emden. Dort erarbeitete ich einen Artikel zur Emder Kinderspeiseanstalt während des Ersten Weltkrieges, erstellte die Konzeption für einen Ausstellungsteil zum Thema Emden im Ersten Weltkrieg und war neben anderen Projekten auch beim Aufbau der „DUCKOMENTA – Emden wird geENTErt“ beteiligt. Da ich nach MUSEALOG nicht direkt eine Anstellung im Kulturbereich gefunden habe, wurde ich zunächst Lehrer an einer Realschule und unterrichtete als „Nichterfüller“ Geschichte in den Klassenstufen 6 bis 9.
Anfang Januar 2020 konnte ich eine Stelle bei der Point Alpha Stiftung antreten. Da ich in der Stiftung zunächst in erster Linie für die pädagogische Gedenkstättenarbeit eingestellt wurde, gestaltete sich der Übergang von der schulischen Arbeit zur Stiftungsarbeit mit Jugendlichen als unkompliziert. Inzwischen haben sich meine Aufgaben jedoch wesentlich erweitert und verändert. In diesem Kontext spielen die durch MUSEALOG erworbenen Fähigkeiten eine immer größere Rolle: Als gemeinnützige Stiftung bürgerlichen Rechts widmet sich die Point Alpha Stiftung nicht nur dem Erhalt und der Pflege der Gedenkstätte, sondern hat sich auch zum Ziel gesetzt, diesen einmaligen Erinnerungsort der Geschichte verstärkt als Lernort zu erschließen. Der ehemalige „OP Alpha“ ist der einzige nicht renaturierte Beobachtungsposten der Amerikaner aus der Zeit des Kalten Krieges in Deutschland. Hier sollen vor allem junge Generationen über das Leben im realsozialistischen Alltag informiert werden. Es wird veranschaulicht, wie diktatorische Strukturen wirken, um hierdurch die Vorzüge der Demokratie zu verdeutlichen. Meine Arbeit ist so unterschiedlich wie vielschichtig. Neben Führungen durch die Gedenkstätte und Workshops mit Jugendlichen zu unseren Kernthemen schreibe ich Ausstellungstexte und bin für die vollständige Abwicklung von Sonderausstellungen, wie beispielsweise 2021 „70 Jahre im Einsatz – Vom Bundesgrenzschutz zur Bundespolizei“, zuständig. Als Referent oder Seminarleiter bin ich in unserer Akademiearbeit in der Erwachsenenbildung tätig und fungiere zudem als Ansprechpartner für unsere Gästebegleiterinnen und Gästebegleiter und bilde diese mit aus.
Haben mir die erworbenen Qualifikationen und Fähigkeiten von MUSEALOG bei der Umsetzung und Erfüllung meiner Aufgaben geholfen? Ja, absolut und ohne Zweifel. Um es an zwei Beispielen ganz klar zu machen: Margrid Schieweks Vortrag und Handreichung zum Thema „Museumspädagogik und Ausstellungsdidaktik“ und im Besonderen der von ihr dargestellte „Besucher- Zoo“ haben mich bei meinen Führungen, aber auch bei der Ausbildung unserer Gästebegleiter unterstützt. Ebenso war das Seminar mit Dr. Beate Bollmann zum Thema „Umgang mit Museumsgut« sehr hilfreich für die Abwicklung der Ausstellungen und hat mir hier Sicherheit gegeben. Seit ich meine Stelle bei der Point Alpha Stiftung in Geisa angetreten habe, stehen die Handreichungen von MUSEALOG 2017 | 2018 im Büro neben mir im Regal und ich nutze sie häufig. Das Studium ist das eine, auf die Lebensrealität im Tagtäglichen des Kulturbetriebes bereitet es jedoch kein Stück vor. MUSEALOG ergänzt unser wissenschaftliches Handwerkszeug um wesentliche Bestandteile, die für die beruflichen Aufgaben notwendig sind.
Jan Ludwig Antoni, November 2022